Heilige Odilia - Schutzpatronin des Elsass

Der heilige Berg des Elsass

Hoch oben über der Rheinebene, weit weg, ein Platz der Ruhe und doch mitten im Leben – der südwestlich von Straßburg gelegene Odilienberg, französisch Mont Sainte-Odile, ist als Ort des Glaubens, des Gebets und der Andacht der meist besuchte Wallfahrtsort im Elsass und gleichzeitig ein beliebtes Ausflugsziel. Zwischen ein und zwei Millionen Menschen kommen jedes Jahr hierher.

„Hier blühte einst die heilige Äbtissin Odilia, hier waltet sie immerfort als Mutter des Elsass“, liest der Besucher über der Eingangspforte.

Odilienberg – Heimat der Heiligen Odilia

Schon Kelten und Römer siedelten hier

Der 763 Meter hohe „heilige Berg des Elsass“ verbindet Geschichte, Religion, Kultur und Natur. Die ausgesetzte Lage auf einem schroff zur Rheinebene abfallenden Felsen machte ihn bereits früh für eine Besiedlung interessant. Nach den Kelten und den Römern befestigten die Merowinger den Odilienberg und nannten ihn „Hohenburg“. Aus dem siebten Jahrhundert stammt wohl auch die über zehn Kilometer lange „Heidenmauer“ aus Sandsteinquadern, die das Gelände umschließt. An einigen Stellen ist sie immer noch bis zu drei Meter hoch.

Wo der Himmel die Erde berührt

Doch da ist viel mehr! Der langgestreckte Bergrücken mit seinen mächtigen Sandsteinfelsen und das darauf erbaute Kloster verkörpern die spirituelle Seele der Region. Hier wirkte die Heilige Odilia und hier werden bereits seit über 1.000 Jahren ihre Reliquien verehrt. Die Schutzpatronin des Elsass ist überall auf dem Berg gegenwärtig. Ihre überlebensgroße Statue breitet hoch über dem Kloster ihre Arme beschützend und segnend über das Land aus. Sie ist weithin sichtbar.

Auf dem Odilienberg wird die Heilige des Elsass verehrt
Der Odilienberg im Elsass ist bei Ausflüglern und Pilgern beliebt

Die Heilige Odilia

Ein Leben für die Armen und Kranken

Nach der Erzählung wurde die Tochter des fränkischen Herzogs Adalrich um 660 geboren. Da der heiß ersehnte Erstgeborene ein Mädchen war und dazu noch blind, wollte der Vater sie töten. So lautet die Überlieferung. Die Mutter Bereswinde brachte das Kind mit Hilfe der Dienerschaft in einem Kloster in Sicherheit. Weitere wundersame Wendungen geschehen in ihrem Leben. Unter anderem soll ein Engel den Wanderbischof Erhard von Regensburg gerufen haben. Dieser taufte die Zwölfjährige, worauf sie wieder sehen konnte.

Später versöhnte sich Odilia mit ihrem Vater, der ihr seinen Besitz Hohenburg übergab. Hier gründete Odilia um das Jahr 690 ein Kloster und sorgte mit anderen Frauen für Arme, Kranke und Sterbende. Da der Weg hinauf für die Hilfesuchenden sehr beschwerlich war, erbaute die Äbtissin zehn Jahre später am Fuß des Berges eine zweite Abtei, Niedermünster, wo sie am 13. Dezember 720 auch verstarb. Den Platz soll ihr der Heilige Johannes der Täufer in einer Vision gezeigt haben.

Heilungen und Wundergeschichten

Kurz nach ihrem Tod führte ihr Ruf zur Heiligsprechung. Viele Heilungen und Wundergeschichten werden mit ihrem Namen verbunden. Eines Tages etwa soll Odilia auf dem Weg hinauf einen Kranken, der schon fast am Verdursten war, getroffen haben. Daraufhin schlug sie mit ihrem Stock gegen einen Felsen und klares Wasser sprudelte hervor. Auch heute sickert noch Wasser aus der Quelle und über ein Eisenrohr in mehrere Sandsteintröge. Und immer noch kommen hierher Menschen, die ihre Augen mit dem Wasser der Odilienquelle benetzen und auf Heilung hoffen. Aber auch spirituell Suchende erhalten Rat und Hilfe, eine andere Art von „Sehen“, wie die Verantwortlichen betonen.

Odilienberg im Wandel der Zeit

Kaiser Barbarossa und andere wichtige Persönlichkeiten haben den Odilienberg besucht. Das Kloster erlebte wechselnde Zeiten, wurde mehrfach zerstört, wieder errichtet, umgebaut und ergänzt. Die Blütezeit war im zwölften Jahrhundert, romanische Elemente wie die Kreuzkapelle stammen aus dieser Zeit. Nach der Zerstörung der Gebäude durch einen Brand 1546 wurde das Schwesternkloster aufgelöst. Prämonstratenser sorgten weiter für das Grab und machten den Berg zu einem bekannten Wallfahrtsort. Während der französischen Revolution 1789 wurden dann auch die Mönche vertrieben. Aber die Verbindung der Elsässer mit „ihrer Heiligen“ und dem nach ihr benannten Berg blieb tief. Durch eine Kollekte in der Region konnte das Heiligtum 1853 für das Bistum Straßburg zurückerworben werden. Pius XII ernannte die heilige Odilia 1946 zur Schutzpatronin des Elsass.

Odilienberg als Wallfahrtsort

Seit dem Mittelalter finden regelmäßig Wallfahrten statt. Odilia wird zweimal gefeiert, am ersten Sonntag im Juli und an ihrem Todestag, dem 13. Dezember. Im Jahr 1920 begangen über 100.000 Menschen ihren zwölfhundertsten Todestag. Auch Papst Johannes-Paul II kam 1988 zum Grab der Heiligen. Trotz des schlechten Wetters standen die Gläubigen dicht an dicht. Seit 1931 gibt es hier außerdem etwas Besonderes: In der Wallfahrtskirche beten rund um die Uhr Menschen vor dem allerheiligsten Sakrament. Die katholischen Gemeinden und Verbände des Elsass wechseln sich bei dieser „ewigen Anbetung“ ab. Jede Woche lebt jeweils eine andere Gruppe auf dem Odilienberg und erlebt gemeinsam Spiritualität und Austausch. Sie stehen damit in der Tradition von Odilia und ihrer Gefährtinnen. Auch während des Zweiten Weltkrieges wurde die Gebetskette nicht unterbrochen.

Odilienberg im Elsass heute – Ziel für Touristen und Pilger

Ein professioneller Hotelbetrieb hat inzwischen die einstige Pilgerherberge abgelöst. Das Kloster besteht nicht mehr, einige Ordensfrauen und Priester betreuen die Wallfahrer weiterhin. „Wir haben eine hohe Verantwortung, damit dies ein Ort des Gebetes ist“, so der Rektor des Odilienbergs. Alle Besucher sind herzlich willkommen an den täglichen Gottesdiensten und Stundengebeten teilzunehmen. Die Grenzen zwischen Ausflüglern und Pilgern sind fließend. Seite an Seite besuchen sie die Basilika, die Grabstätte der Heiligen, den Kreuzgangs und die Engels- und Tränenkapelle. Auch der Kreuzweges auf den Felsen unterhalb, die Quelle und die Terrassen sind gemeinsame Ziele. Spätestens hier genießen Rad- und Motorradfahrer, Wanderer, Ausflügler und Wallfahrer Seite an Seite den beeindruckenden Panoramablick. Dieser reicht über die Kämme und Baumwipfel der Vogesen und die grünen Reben und Dörfer der Rheinebene, bei klarem Wetter sogar bis zum Schwarzwald und den Schweizer Alpen.

Egal mit welcher Intension die Menschen den Berg besuchen, dem Zauber kann sich niemand entziehen.

Nur 50 Kilometer von der deutsch-französischen Grenze

Sie erreichen den etwa 50 Kilometer südwestlich von Straßburg gelegenen Odilienberg über Obernai.

Informationen im Internet gibt es auf französisch und englisch und deutsch. Ein guter Begleiter ist auch die App Odilienberg, die es kostenfrei im App-Store gibt.


Anmerkung der Autorin

Der Text ist 2017 im Rahmen meiner freiberuflichen Tätigkeit im Pilger Magazin erschienen.